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2. Teil, 1. bis 17. Dezember

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12. Teil, 1. bis 17. Dezember Empty 2. Teil, 1. bis 17. Dezember Mo Mai 04, 2009 12:48 pm

annika


Hofdame

Zweiter Teil
Am 1. Dez. (Annika Funk)
Vincent! Der Kerl, von dem ich dir letztens geschrieben habe, war Angestellter bei Lottes Vater! Seine unglückliche Liebe zu ihr, wegen der er letzen Endes entlassen wurde, hat ihn verrückt gemacht. Albert hat mir diese Geschichte gerade ebenso locker erzählt wie du sie in diesem Moment vielleicht liest und verstehst, aber versuche meine Gefühle nachzuempfinden – meine e-mail kommt vielleicht trocken rüber, aber ich koche innerlich.

Am 4. Dez. (Annika Funk)
Mit mir ist es vorbei. Ich halte es alles nicht länger aus. Heute war ich bei ihr und habe ihr beim Klavierspielen zugeguckt. Sie spielt die schwierigsten Melodien mit einem Ausdruck! Unglaublich… Ihre kleine Schwester saß auf meinem Schoß und hat ihre Puppe geputzt. Mir kamen plötzlich Tränen in die Augen, ich habe mich vorgebeugt und sah ihren Ehering… Ich konnte mich nicht mehr zurückhalten und die Tränen fingen an zu fließen. Plötzlich fing sie an unser Lied zu spielen, was all die Erinnerungen zurückbrachte, die guten, aber auch die schlechten. Das war der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat! Ich ging im Zimmer auf und ab, ich konnte es nicht ertragen. Um Gottes Willen, schrie ich sie an, um Gottes Willen, hör doch auf! Sie hielt in ihrer Bewegung inne und starrte mich an. Paul, hat sie mit einem Lächeln gesagt, das mir den Rest gab, Paul, du bist krank. Du hast dich so verändert. Geh jetzt! Und bitte, beruhig dich. Ich hab mich von ihr weggerissen. Gott, mach Schluss mit meinem Elend.

Am 6. Dez. (Annika Funk)
Wie mich dieser Mensch verfolgt… Egal ob ich wach bin oder träume, ich sehe immer nur ihr Gesicht. Wenn ich meine Augen schließe, sehe ich ihre Augen. Ich kann es dir gar nicht beschreiben, ich schließe meine Augen und schon sind sie da! Wie ein Meer, wie ein Abgrund schweben sie vor mir. Es kann doch nicht sein, was ist der Mensch?! Der sogenannte Halbgott! Gerade bei solchen Sachen fehlen ihm die nötigen Fähigkeiten. Und wenn er unglaublich glücklich ist oder unfassbar leidet, gerade wenn er versucht sich zu verlieren, dann wird er aufgehalten und wieder in die kalte Realität des Bewusstseins befördert!

Am 8. Dez. (Annika Funk)
Lieber Vincent, es geht mir gerade so, wie es Leuten gegangen sein muss, die aus Unglück wahnsinnig geworden sind. Manchmal packt es mich, nicht Angst und auch keine Lust, irgendein Toben in mir, das mich von Innen her zerreißt. Oh, oh… Und dann, trotz der Kälte, gehe ich raus und treibe mich stundenlang rum. Auch gestern musste ich raus. Ich habe abends noch gehört, dass der Fluss und die ganzen Bäche von Hannover aus meine Lieblingsgärten überschwemmt haben! Noch nach 23.00 bin ich losgeradelt, es sah schrecklich aus! Wie das Wasser die Felder und Gärten überschwemmt hat, die Nacht tat mit dem Mondschein sein Übriges. Als ich die durch die Dunkelheit schwarz scheinende Flut so von dem Abgrund aus gesehen habe, durchlief mich ein Schauer, aber komischerweise auch eine Sehnsucht. Eine Sehnsucht mich einfach fallen zu lassen, einfach mit meinem miserablen Leben Schluss zu machen. Aber ich weiß, dass meine Zeit noch nicht abgelaufen ist. Vincent, du glaubst nicht wie gerne ich da runtergesprungen wäre um allem ein Ende zu machen! Naja, vielleicht bekomme ich ja auch mal so einen Abschied… Und dann habe ich unten all die Plätze erkannt, die ich mit Lotte verbinde. Bäume, unter denen wir gesessen haben, die Ländereien ihrer Familie, das Jagdhaus – alles überschwemmt. Und in dem Moment kamen die ganzen Erinnerungen an die schönen Zeiten! Ich kam mir vor wie ein Insasse eines Gefängnisses der die schönsten Träume hat, oder wie eine alte Frau, die kurz bevor sie stirbt noch ihre Sachen zusammensucht um ihr Siechen noch ein bisschen zu erleichtern und verlängern.

Am 17. Dez. (Annika Funk)
Was ist denn bloß mit mir los? Ich erschrecke vor mir selbst. Ich dachte meine Liebe wäre brüderlich, und nicht die Liebe eines Verehrers… Und jetzt dieser Traum. Diese Nacht! Ich trau mich kaum dir zu schreiben, was ich geträumt habe… Ich hielt sie in meinen Armen, fest an mich gedrückt, und habe sie mit zahllosen Küssen überdeckt. Sie war ebenso im Rausch wie ich. Mann, was bin ich denn für ein Mensch, ich rufe mir diesen Traum sogar andauernd wieder ins Gedächtnis! Das macht mich alles völlig fertig, seit acht Tagen laufe ich rum ohne Bewusstsein, ständig mit Tränen in den Augen. Mir geht’s nirgendwo gut, ich will einfach nichts. Es wäre besser, wenn ich gehen würde.

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